Es muss um Liebe gehen: Wenn Magdalena Kožená mit lyrischer Innigkeit Lieder aus ihrer Heimat, Lieder des tschechischen Komponisten Antonín Dvo?ák, anstimmt, blüht das Herz auf. Ihr voller Mezzosopran strahlt in der Höhe, trägt in der Tiefe und klingt mit warmem Timbre nie angestrengt. Es ist mehr als ein kleines Ständchen, das sie am Sonntagabend im Zentrum Paul Klee gibt – Magdalena Kožená lebt diese Musik mit Emotionen.
Liedermarathon
Es ist ein regelrechter Liedermarathon: Ganze 25 Lieder präsentiert die Sängerin mit ihrem Klavierpartner Malcolm Martineau. Dabei zeigt sie, dass sie für die Bühne geschaffen ist. Mit wacher Präsenz bedient sie die Geschichten in den Liedern von Hugo Wolf, basierend auf Texten von Eduard Mörike. Dieser romantischen Poesie verleiht sie mit makelloser Diktion Leben und entführt in eine Märchenwelt.
In ihrer Gestalt sind die «Mörike-Lieder» ganz unterschiedlich: Mal mit erzählendem Duktus, mal tänzerisch oder gar als kleine Szene angelegt, werden sie von Kožená mit Charme und Witz interpretiert. In den langsamen Passagen behält sie stets die Spannung.
Ihr Partner am Klavier unterstützt sie dabei präzis. Kožená hat einen Feinsinn für die Gestaltung musikalischer Linien. Sie lässt die Noten geduldig, aber jeweils mit einem klaren Ziel fliessen, phrasiert lebendig, ohne zu unterbrechen.
Wahnsinn und Kabarett
Richard Strauss’ «Lieder der Ophelia» aus Shakespeares «Hamlet» schlagen einen anderen Ton an. Ophelia ist nach dem Tod ihres Vaters dem Wahnsinn verfallen, was sich im dritten Lied «Sie trugen ihn auf der Bahre bloss» auch musikalisch zeigt. Abrupte Wechsel illustrieren Ophelias Ausweglosigkeit aus ihrer Manie.
Echte Kabarettatmosphäre mit Wiener Schmäh erzeugt Kožená zum Schluss mit Arnold Schönbergs Brettl-Liedern. Die lieblichen, manchmal durchaus frivolen Texte ergründet sie mit der nötigen Ironie. Martineau spielt am Klavier forsch, aber nie aufdringlich.
Mit Humor setzt er fast hinkende Akzente und lässt sich hier und dort auf einen Flirt ein. Wenn Kožená schliesslich in «Jedem das Seine» mit tiefer Bruststimme den Soldaten imitiert, kauft man ihr das erotische Stelldichein ab.
So bescheiden diese Sängerin von Weltklasse wirkt, so packend und berührend ist ihr Gesang. Das ist Liebe. (Berner Zeitung)
© Berner Zeitung/ Isabelle Bischof