Star-Mezzosopranistin Magdalena Kozená belebt beim Heidelberger Frühling keinen geringeren als Claudio Monteverdi, der die Gattung Oper auf die Welt brachte.
Bei Claudio Monteverdi war es im Grunde auch nicht anders als ein paar Jahrhunderte danach bei Verdi und Puccini: (Überwiegend weibliche) Geschöpfe müssen sterben, weil sie zu sehr lieben. Aber vorher singen sie noch herzzerreißend. In der Heidelberger Stadthalle erfährt man das bei einer kleinen Bildungsreise, die auch ohne jede Einschränkung eine Vergnügungsreise ist. Die Hauptrolle in diesem Hörfilm ist brillant und prominent besetzt: mit Magdalena Kozená. Die Gattin Simon Rattles hat bereits mit ihren Händel- und Vivaldi-Interpretationen hinlänglich gezeigt, wie sehr ihr die Barockmusik entgegenkommt. Deren Affektreichtum, deren Beackern eines häufig kleinteiligen, wild zerklüfteten Gefühlsparcours liegen in ihrem Naturell. "Die Rede wird zur Herrin über die Musik", heißt es einmal im Vorwort einer Liedersammlung Monteverdis. Aber die Musik kommt trotzdem nicht zu kurz.
Die Spannweite des Heidelberger Frühlings-Abends reicht von Madrigalen und noch eher frühen "Scherzi musicali" bis zu Monteverdis letzter Oper "L'incoronazione di Poppea", wo sich Magdalena Kozená mit der Figur der Kaiserin Ottavia völlig eins zu fühlen scheint. Diese Ottavia neigt, als Gattin des brutalen Nero, ohnehin nicht unbedingt zum Glücklichsein. In ihrem - von der Sängerin durchlittenen, durchlebten - Deklamieren ist sie die Verkörperung matronenhafter Strenge. Ihr "Addio Roma", das Lamento aus dem dritten Akt, findet mit seinen atemlosen, abgerissenen Gesangsfetzen in seiner Ausdruckskraft kaum seinesgleichen, und da kann man Opern aller Stilepochen zum Vergleich bemühen. Kozená bietet auch im Konzert das große Drama. Manchmal nimmt das fast Maria-Callas-hafte Dimensionen an.
Die Stimme, mittlerweile reif und dunkel, kann gleichwohl noch wahren Farbregen versprühen. Und auch reinem Schönklang frönen, etwa in "Si dolce è'l tormento" ("So süß ist die Qual"). Begleitet wird die Sängerin vom La Cetra Barockorchester Basel, das mit Dirigent und Cembalist Andrea Marcon elf Musiker umfasst. Seriöses, umfassend "historisch informiertes" Auftreten und Spielfreude halten sich gut die Waage. Und in ein paar rein instrumentalen Stücken von (Fast-) Zeitgenossen Monteverdis ist zu hören, dass in jenen fernen Zeiten nicht nur viel gestorben, sondern auch getanzt wurde.
Star-Mezzosopranistin Magdalena Kozená belebt beim Heidelberger Frühling keinen geringeren als Claudio Monteverdi, der die Gattung Oper auf die Welt brachte.
© Von Hans-Günter Fischer