Hamburg. Eine esstischgroße Präsentierteller-Fläche auf der Laeiszhallen-Bühne, einige Kerzchen zur schön schummrigen Beleuchtung, zwei amtliche Schwerter, zwei prächtig bepuschelte Ritterhelme für die Duell-Szene, ein goldener Brustpanzer und darunter ein roter Stoffstreifen, um das gebrochene, tödlich verwundete Herz Clorindas zu zeigen – mehr brauchte Magdalena Kozena nicht. Monteverdis "Combattimento", ein frühbarockes Drei-Personen-Drama um Leben und Tod und Krieg und Liebe, hier passend geschrumpft zur One-Woman-Show. Ungewohnt war diese Version schon, andererseits jedoch: Sie funktionierte, weil Kozenas Bühnenpersönlichkeit so vielseitig ist und so charismatisch.
Im vorletzten Konzert ihrer Hamburger Residenz-Reihe ging es zurück zur Wurzeln der Oper, ein Heimspiel für die Mezzosopranistin, die in und mit diesem Genre groß geworden ist. Monteverdi also. Ausdruck pur aus einer anderen Welt, ohne Strom, ohne Vollkaskoversicherung, ohne Skrupel. Operation Ton an offenen Herzen. Musik, bei der schon die kurze Melodielinie zum Wort "Addio" eine ganze Szene aus Gefühlen gebaut haben möchte. Musik, hinter deren wenigen Noten man sich keinen Moment verstecken und sicher fühlen kann. So sang Kozena ihre Partien dann auch – klar, schonungslos, direkt, hochemotional. Und der Zauber wirkte, als wäre die Tinte der Notenblätter noch nicht trocken.
Zum Erfolg dieser zwei Stunden gehörte allerdings auch die Güte des Begleitensembles. La Cetra, von Andrea Marcon am Cembalo in der Continuo-Spur gehalten, hat seine Wurzeln in der Schola Cantorum Basiliensis, Experten vom Fach also, aber ohne orthodoxe Verbissenheit. Sie tänzelten mit ihren Intermezzi durch Instrumentalkostproben früher Meister, um die Hauptdarstellerin angemessen zu umrahmen. Kozena präsentierte sich mit großen Ottavia-Arien aus "L'incoronazione di Poppea" als Interpretin von Format, bevor ihr in Marko Ivanovics Monteverdi-Parodie "Arianna has a problem" dieser wohlfeile Nimbus verrutschte und sie mit großem Standup-Comedy-Talent hin- und hergerissen wurde zwischen gespielter Rolle und überzogener Diven-Nervensäge.
Und um die Kombination aus Kunst und Künstlichkeit noch weiter ins Extrem zu treiben, endete die erste Hälfte des Abends mit einem Italiener, der in seiner Zeit, unserer Gegenwart, ebenso drastisch zu Werk ging wie Monteverdi vor Jahrhunderten: Luciano Berios "Sequenza III", eine skurrile Lautmalerei, ein Solo-Stück, ohne Text zwar, aber dennoch eine Geschichte, die zeigte, wie vielsagend Töne und Klänge auch ohne Worte sein können.
Von Joachim Mischke